Vulva und Vagina – das weibliche Geschlechtsorgan richtig benennen

Die weiblichen Geschlechtsteile waren lange unerforscht und mit Scham behaftet. Während das Zeichnen eines Penis nahezu alle beherrschen, sind die wenigstens in der Lage eine anatomisch korrekte Vulva oder Vagina auf Papier zu bringen. Vulva und Vagina – wo ist da eigentlich der Unterschied? Und warum sollten wir die Bezeichnungen Scheide oder Schamlippen lieber aus unserem Wortschatz streichen? Dies geht nicht nur Frauenärtz*innen etwas an, sondern auch alle Männer* und Frauen*. Wir erklären die richtigen Bezeichnungen für das weibliche Geschlechtsorgan und verraten, was es mit der Scham rund ums weibliche Geschlecht auf sich hat!

Scheide, Vulva, Vagina – Das ist der Unterschied

Viele würden sagen: Das ist doch alles das Gleiche. Falsch!

Leider besteht noch viel Unwissenheit rund um das weibliche Geschlecht. Ein Geschlecht, das versteckt und tabuisiert wird, und auch in der Forschung viel zu lange unbeachtet blieb - im Gegensatz zum Penis, der ausführlich erforscht wurde und auf jedem öffentlichen WC an die Türen gekritzelt oder an Hauswände gesprayt wird. Zum Glück wird die Forschung rund um die weiblichen Geschlechtsorgane zunehmend aufgeholt – doch bis alle Unklarheiten aus der Welt geschafft sind, wird es wohl noch dauern. Daher soll dieser Beitrag darüber aufklären, warum diese drei Begriffe nicht das Gleiche beschreiben, um der Wissenslücke rund um den weiblichen Intimbereich entgegenzuwirken.

Mit Vulva werden alle sichtbaren, weiblichen Geschlechtsorgane bezeichnet – also alles, was im weiblichen Intimbereich von außen zu sehen ist. Dazu gehören die inneren und äußeren Vulvalippen, die Klitoris, der Venushügel, der Eingang zur Harnröhre sowie der Vagina-Eingang. Vulven sehen ganz unterschiedlich aus; sie gibt es in allen Farben, Formen und Größen – es herrscht eine echte Vulven-Vielfalt. Die Vulva, um genau zu sein die Vulvalippen und die Klitoris, sind mit besonders vielen Nerven ausgestattet und bilden daher das äußere, weibliche Lustzentrum. Allein die Klitoris hat über 8.000 Nervenfasern – die Eichel des Penis nur einige Hundert. Was die wenigsten wissen, ist, dass die Klitoris nicht nur die kleine Perle am oberen Teil der Vulva ist, sondern ein großes, komplexes Organ. Sichtbar ist nur die sogenannte Klitoris-Eichel, während ihre acht bis neun Zentimeter langen Schenkel für uns unsichtbar sind – dafür bei Lustempfinden umso spürbarer. Die Klitoris-Schenkel sind Schwellkörper, welche ähnlich wie der Penis, bei Erregung anschwellen.

Die inneren, weiblichen Geschlechtsorgane liegen im Unterleib, im Inneren des kleinen Beckens. Zu ihnen gehören neben der Vagina die Gebärmutter (Uterus), die beiden Eileiter (Tuben) sowie die zwei Eierstöcke (Ovarien).

Die Vagina ist der acht bis zehn Zentimeter lange und zwei bis drei Zentimeter breite, dünnwandige Kanal, der die äußeren und inneren Geschlechtsorgane, also Vulva und Gebärmutter, miteinander verbindet. Der Muttermund ist eine flexible Öffnung am oberen Ende der Vagina, der sie mit der Gebärmutter verbindet. Dieser öffnet sich zum Ende unseres Zyklus, damit mit der Periode die aufgebaute Gebärmutterschleimhaut nach außen gelangen kann. Dies ist eine Funktion der Vagina: Durch sie fließt das Blut während der Menstruation aus dem Körper. Außerdem fungiert sie als Kopulationsorgan, welches beim Geschlechtsverkehr mit einem Mann* die Samenzellen des Penis durch den Muttermund befördert. Bei der Geburt dehnt sich die Vagina aus und ist der Austrittskanal für das Baby. Sie ist auch wichtig, um die inneren Geschlechtsorgane vor Infektionen zu schützen. Dafür sind die Schleimhäute in der Vagina essenziell, die mit vielen Drüsen versehen sind, über die Sekrete abgesondert werden, die wir als Ausfluss kennen. Auf diese Weise bleibt die Vagina feucht und kann Keime nach außen befördern.

Der Begriff Scheide ist die lateinische Bezeichnung für Vagina und meint daher ebenfalls das weibliche, innere Geschlechtsorgan. Allerdings wird diese Bezeichnung heute als problematisch angesehen, weil sie im 17. Jahrhundert von Männern geprägt wurde - die ihr Schwert in die „Scheide“ steckten. Die Bezeichnung für eine Degen- oder Schwertscheide wurde auf die Anatomie der Vagina übertragen und diese damit allein auf ihre sexuelle Funktion reduziert. Das hatte außerdem zur Folge, dass die äußeren Geschlechtsteile der Frau* quasi unsichtbar wurden, weil sie aus männlicher Perspektive keine Funktion erfüllten. In Zeiten, in denen die weibliche Lust glücklicherweise immer mehr in den öffentlichen Diskurs gerät und zunehmend besprochen wird, wird der Begriff Scheide daher abgelehnt. Denn für das weibliche Lustempfinden ist die Vulva essenziell, zumal viele Frauen* nicht vaginal, sondern nur klitoral, also durch die Stimulation der Vulva und Klitoris, einen Orgasmus erleben können.

Falsche Scham!

Mit welchen Begriffen heutzutage auch zunehmend aufgeräumt wird, sind Schamlippen, Schambehaarung oder Schambereich. Feminist*innen setzen sich dafür ein, stattdessen Vulvalippen, Intimbehaarung oder Intimbereich zu sagen, um bei der Bezeichnung der weiblichen Geschlechtsorgane das Wort „Scham“ zu vermeiden. Denn keine Frau* soll sich für die Benennung ihrer Geschlechtsteile schämen – ganz im Gegenteil. Der komplexe anatomische Aufbau der Vulva und der weiblichen Geschlechtsorgane sind ein echtes Privileg! Die Vulva und die Klitoris sind aufgrund der hohen Dichte an Rezeptoren weitaus empfindsamer als der Penis und bieten eine Vielfalt an Möglichkeiten, um Lust zu empfinden.

Jede Vulva ist schön!

Die Welt der Pornographie hat das Bild einer Vulva dahingehend geprägt, als dass eine Vulva heute als schön gilt, wenn sie unbehaart, rosig und straff ist und die inneren Vulvalippen nicht herausragen. Dies führt dazu, dass die Nachfrage nach operativen Eingriffen zur Schamlippenverkleinerung oder Lifting steigt. Doch davon sollte frau sich loslösen und begreifen, dass jede Vulva auf ihre natürliche Weise schön ist – ganz egal welche Form oder Farbe die Vulva hat. Hast du schon mal in den Spiegel geschaut? Wenn nicht, sei neugierig und wirf mal ein Blick auf deine Vulva – sie ist ein Teil von dir und wenn du sie gut kennst, kann das auch beim sexuellen Lustempfinden von Vorteil sein. Solange es keine medizinisch notwendigen Gründe hat, braucht keine Frau* einen operativen Eingriff, um sich die Vulva „verschönern“ zu lassen. Sie ist ein Wunder der Natur und in ihrer Einzigartigkeit perfekt. Die passende Aufklärung für junge Mäfchen* rund um die Themen "weiblicher* Körper", "Periode und Scham" sowie die Geschlechtsorgane bietet MYLILY im Periodicle.