Muttertag & Vatertag – ist das noch zeitgemäß?
Brötchen holen, Kaffee ans Bett und ein Strauß Blumen: So oder so ähnlich verläuft der Muttertag wahrscheinlich in vielen Haushalten. Doch mit dem, was Mütter* wirklich wollen, haben diese kleinen Aufmerksamkeiten wenig zu tun. Inwiefern diese Feiertage veraltete Geschlechterrollen aufrechterhalten und welche zeitgemäßen Alternativen es gibt, liest du in diesem Beitrag.
Die Geschichte des Elterntags
Das, was wir heute als Muttertag zelebrieren, stammt ursprünglich aus der Frauen- und Mütterbewegung, die 1907 von der Amerikanerin Ann Maria Reeves Jarvis gegründet wurde und für Frauenrechte kämpfte. Im Nationalsozialismus wurde der Tag als „Ehrentag“ der kinderreichen Mutter umgedeutet und für die nationalsozialistische Propaganda missbraucht, indem der „Gedenk- und Ehrentag der deutschen Mütter“ die Aufgabe der Frau zur Reproduktion des deutschen Volkes betonte. Damit wurde die Betitelung „Hausfrau und Mutter“ als die „natürliche“ Berufung der Frau dargestellt und jegliche Emanzipationsbestrebungen unterdrückt. Mittlerweile wurde der ursprünglich feministische Ansatz stark kommerzialisiert und hat mit seinen Ursprüngen in der Frauenrechtsbewegung nichts mehr gemeinsam. Zudem sollte sich die Wertschätzung für die Care Arbeit, die Mütter leisten, ohnehin nicht bloß auf einen Tag im Jahr beschränken, an dem Mütter dann endlich mal ihre verdiente Anerkennung in Form von Aufmerksamkeiten bekommen, die eigentlich selbstverständlich sein sollten.
Der Vatertag oder Herrentag entstand etwas später ebenfalls in Amerika nach dem Vorbild des Muttertags und wird heute und vor allem als Anlass genommen, um abseits der Familie mit den Freunden durch die Straßen zu ziehen und sich zu betrinken.
Muttertag vs. Vatertag - die Kritik
Wie die beiden Tage jeweils begangen werden, ist heute aufgrund veränderter Familienstrukturen und Rollenbilder stark in die Kritik geraten. Haushaltshilfe und Blumen für die Mama, Abstand von der Familie und Bierchen trinken mit den Freunden für den Vater bedienen stark die Stereotype von Aufgabenverteilungen im Familienalltag. So richtig passt das mit gleichberechtigter Elternschaft und offenen Geschlechterrollen nicht zusammen, die heutzutage immer mehr gelebt werden. Wie Müttern und Vätern an den Elterntagen jeweils gedankt wird, reproduziert sexistische Strukturen und geschlechterbezogene Erwartungen und Rollenverteilungen, die in jungen Familien heute durch Gleichheitsideale oftmals aufgebrochen werden. Beide Elternteile wollen gleichermaßen Karriere machen und eine vertraute Beziehung zum Kind aufbauen. Dazu passen die Denkmuster des 19. und 20. Jahrhunderts nicht mehr so recht, denn diese verstanden Vater und Mutter als sich ergänzende Gegensätze: ein distanziert-autoritärere Vater und eine sich selbst aufopfernde, liebende Mutter. Diese Grenzen werden heute – zum Glück – immer fließender und Mutter sein bedeutet nicht automatisch auch Hausfrau sein.
Der Welt-Elterntag
Durch die Wiederholung des Mutter- und Vatertags wird die veraltete und sexistische Geschlechterverteilung im Rahmen der Familie aufrechterhalten und gleichzeitig Familienmodelle diskriminiert, die nicht der Vater-Mutter-Kind-Norm entsprechen.
Viele Feminist*innen und Befürworter*innen der Geschlechter-Gleichberechtigung fordern eine Abschaffung des kommerziellen Muttertags, sowie auch des mit viel Alkohol gefeierten Vatertags. Alternativ sollte sich der Elterntag am 01. Juni mehr etablieren, um der Elternschaft symbolisch ihre verdiente Anerkennung und Wertschätzung zu schenken, sowie alle Menschen einzuschließen, die sich um Kinder kümmern. Auf diese Weise kann eine lange Tradition fortgeführt werden, jedoch ohne diskriminierendes Gedankengut und Reproduktion von Stereotypen, die nicht mehr der heutigen Zeit entsprechen.
Dieser Tag sollte jedoch nicht nur von den Kindern und innerhalb der Familie gefeiert werden, sondern ebenso von der Öffentlichkeit. Mit dem Elterntag im Sinne der Gleichberechtigung geht zum Beispiel auch die Forderung nach einer gerechten Steuerklasse für Alleinerziehende, angemessene und bezahlbare Kinderbetreuung sowie finanzielle und gesellschaftliche Anerkennung für Erziehungsleistungen einher.
Außerdem gewinnt der 08. März als politischer Aktionstag immer mehr an Bedeutung: Am internationalen Frauentag, oder besser am feministischen Kampftag, wird mit Straßendemonstrationen für die Rechte von FLINTA*-Personen eingestanden und dem eigentlichen Sinn des Muttertags wieder eine Bühne gegeben.
Geschenkideen für den Elterntag
Der Elterntag vereint den Muttertag und den Vatertag und ehrt die Elternschaft im Allgemeinen. Im Sinne der Gleichberechtigung eignet sich der 01. Juni also viel mehr, um den eigenen Eltern eine Freude zu machen. Für die Mütter bietet sich ebenfalls der 08. März an. Generell sollte man seinen Eltern nicht nur einmal im Jahr für ihre Elternschaft danken und darüber nachdenken, ihnen vielleicht häufiger kleine Aufmerksamkeiten der Dankbarkeit zu machen.
Ist deine Familie dennoch eher traditionell und hat die Elterntage bisher immer zelebriert, sind die schönsten und ehrlisten Geschenke vermutlich nicht materieller Natur. Ein üppig gedeckter Frühstückstisch oder ein selbst gebackener Kuchen in Kombination mit gemeinsamer Familienzeit ist sicherlich eine schöne Überraschung. Auch ein Ausflug oder eine Einladung in ein Restaurant sind eine gute Möglichkeit, Dankbarkeit auszudrücken. Alternativ könntest du dich bemühen, deinen Eltern einen Tag frei zu schaufeln und Aufgaben von ihnen zu übernehmen, sodass sie einen freien Tag nur für sich haben – vielleicht in einer Wellness-Oase mit Massage? Letztlich kennst du deine Eltern am besten und weißt, worüber sie sich freuen – am besten abseits von stereotypen Geschenkideen.