Ich habe gelernt positiver mit mir selbst umzugehen und nicht nur die Macken, sondern auch das Schöne zu sehen.
Mit unserer neuen Kampagne möchten wir uns dafür stark machen, dass Frauen* sich nicht für andere verbiegen und einfach so sind wie sie sein wollen. Wir möchten echten Powerfrauen aus unserer Community eine Plattform geben, ihre Geschichte zu erzählen und so uns und andere Frauen* zu empowern und inspirieren. Offen und ehrlich - ganz nach dem Motto: #seiwieduwillst
Wir freuen uns sehr, euch die kreative Powerfrau Anna aus der MYLILY-Community vorzustellen. Anna ist 31, Künstlerin, Handwerkerin und ist Head of Design für Taste of Malawi und deren neue Marke INO. In dem Interview spricht sie von ihrer Leidenschaft zur Kunst, wie sie es geschafft hat, sich selbst zu akzeptieren und über das neue Modelabel INO von Taste of Malawi.
Ich bin Anna, 31 Jahre alt, Künstlerin und Handwerkerin und führe seit einem Jahr meine Brand namens "Heal Rise Shine". Zum Thema Female Empowerment kreiere ich Illustrationen und Contemporary Art, Micro-Blogger auf meinem Instagram Channel und führe einen Podcast. Außerdem arbeite ich seit 3 Jahren als Head of Design für Taste of Malawi und deren neue Marke INO.
Ich habe Modedesign und Maßschneiderei in einer 3 jährigen Ausbildung gelernt. Danach habe ich 2 Jahre im Filmbereich gearbeitet und anschließend eine 2 jährige Weiterbildung zur Gewandmeisterin gemacht. Diese umfasst die Spezialisierung auf Oper-, Theater- und Ballett und historisch, europäische Kostüme. Seitdem arbeite ich relativ konstant in meinem Beruf an verschiedenen Häusern in Europa. Dabei handelt es sich um einen handwerklichen Beruf. Wir transformieren Kostümentwürfe in tragbare Kostüme, beraten und leiten die Kostümwerkstätten.
Hast du früher auch schon viel gemalt oder die Leidenschaft erst seit Corona entwickelt? Und unter welcher Motivation?
Da ich schon immer ein künstlerischer Mensch war, habe ich gemerkt, dass mir das sehr fehlt. Mit dem Beginn der Corona Pandemie habe ich wieder angefangen, Illustrationen mit Acrylfarben und Gelstiften zu zeichnen. Die Details sind dabei aus dem indischen inspiriert, ich liebe filigrane Arbeit. Daraus hat sich mein Brand "Heal Rise Shine" entwickelt. Ich würde mir wünschen, mehr Zeit zu haben um noch größere Bilder zu malen.
Ich habe wieder angefangen, weil mir dieses kreative Outlet gefehlt hat. Da ich in einem handwerklichen Beruf arbeite, kam mir die Kreativität viel zu kurz. In den letzten 1,5 - 2 Jahren hat mir das wahnsinnig gefehlt. Ich hatte mehr Zeit als die Theater aufgrund der Corona Pandemie schließen mussten und da hat sich das in meinem Kopf so entwickelt. Ich habe diese dann auf Instagram angefangen zu Teil und wollte meine Illustrationen mit einer Message verbinden. Das ist mir sehr wichtig! Ich spezialisiere mich thematisch auf Female Empowerment und möchte Frauen motivieren, ihrer selbst nachzugehen. Wir haben oftmals Erwartungen von der Gesellschaft, zum Beispiel in dem und dem Alter das und das zu machen und einen Job zu brauchen und angestellt zu sein. Für so kreative Menschen wie mich ist das natürlich der absolute Tod. Ich weiß aber auch, wie schwer es ist, da raus zu kommen und sich zu behaupten und seinen Weg zu finden. Das möchte ich anderen Frauen gerne mit auf den Weg geben. Darum habe ich auch einen Podcast angefangen, nachdem ich letztes Jahr im Oktober auch Live Interviews auf Instagram geführt habe. Seit Februar gibt es diese Interviews im Podcast Format ,,The HealRiseShine Podcast” auf englisch. Da erzähle ich auch Geschichten von Frauen, die nicht den kommerziellen Weg gegangen sind, sondern ihrem Herzen gefolgt sind, indem was sie tun und deswegen wahnsinnig tolle Geschichten zu erzählen haben. Mit ganz unterschiedlichen Hintergründen aus ganz unterschiedlichen Ländern.
Wusstest du schon immer was du möchtest?
Das ist wahnsinnig schwierig zu sagen um ehrlich zu sein. Ich war schon immer ein kreativer Mensch. Schon als ich klein war habe ich mich immer ganz verrückt gekleidet und war ein wahnsinnig selbstbewusstes Kind. Meine Mutter erzählt immer eine Story, die mir im Kopf geblieben ist, da möchte ich heute auch wieder hin. Ich wollte früher immer ganz lange Haare haben. Meine Mutter hatte einen weißen Rock, den habe ich mir dann immer auf den Kopf gezogen und habe so getan, als wären das meine Haare - so bin ich auch raus auf die Straße gegangen. Das habe ich über die Jahre total verloren. Gerade als ich auf das Gymnasium gewechselt habe und in die Pubertät kam. Ich habe einen wahnsinnigen Zusammenbruch in meinem Selbstbewusstsein gehabt. Davon erholt man sich ja nie so ganz. Ich bin auch essgestört gewesen, was sich in dieser Zeit entwickelt hat. Ich war wahnsinnig unsicher mit mir selbst, ich habe mich unwohl in meinem Körper gefühlt, ich fand mich hässlich. Irgendwie hatte ich nie das Gefühl, so richtig dazu zu gehören und das war wahnsinnig schwierig für mich. Meine Noten sind extrem eingebrochen. Wir hatten auch in der Familie viele ganz schwere Krankheitsfälle. Mein Vater lag sehr sehr viel im Krankenhaus. Das hat mich natürlich alles irgendwie mitgenommen und mein Selbstbewusstsein ist absolut in den Keller gegangen. Das einzige was mich immer so ein bisschen über Wasser gehalten hat war die Kunst. Ich war in Berlin auf einem humanistischen Gymnasium mit extrem hohen Ansprüchen und Fokus auf Sprache, was nicht so meine Stärke ist. Deswegen war ich auch relativ schlecht in der Schule. Ich habe Klavier gespielt, in einer BigBand mitgespielt, im darstellendem Spiel mitgemacht, das war auch eins meiner Prüfungsfächer im Abi. Ich habe im Chor gesungen und hatte Musik-Leistungskurs. Ziemlich viel ja (lacht). Kunst musste ich tatsächlich leider abwählen, weil ich zu viele kreative Fächer hatte.
Wieso hast du dich dann für Musik und nicht für Kunst entschieden?
Ich fand mich zu schlecht für Kunst. Ich kannte Leute die wesentlich besser waren als ich. Wahrscheinlich hätte ich mehr üben müssen. Ich habe mit 5 angefangen Klavier zu spielen und ich wusste, das mir mein Musiklehrer wahnsinnig helfen würde. Dadurch habe ich mich für Musik entschieden und das war auch die richtige Entscheidung. Das hat total Spaß gemacht. Deswegen war das immer so viel. Meine Leidenschaft war nicht eins - es war nicht das Malen, sondern es war alles kreative. Ich habe auch das darstellende Spiel sehr gemocht und fände es auch toll mal wieder eine Rolle irgendwo zu bekommen und mal wieder was zu machen oder den kreativen Prozess der Shootings hinter der Bühne mitzubekommen. Ich liebe designen, malen und dieses handwerkliche Fertigen. Das einzige, was ich heute nicht mehr mache ist die Musik, aber das ist auch okay. Das ist der Weg, den ich gegangen bin. Ich habe tatsächlich erst überlegt, Architektur zu studieren und dann bin ich nach dem Abi ins Ausland gegangen nach Malawi und habe dort mein FSJ für ein Jahr lang gemacht. In der Zeit hat sich das entwickelt. Ich wurde vor Ort gefragt, ob ich eine Kollektion entwerfen möchte; denn ich habe schon immer nebenbei auch genäht. Dann habe ich viel darüber nachgedacht und überlegt, dass es eigentlich ganz schön wäre, eine Maßschneider Ausbildung zu machen und eben nicht zu studieren. Die Entscheidung ist mir ganz schön schwer gefallen. Aber hab mich dann tatsächlich doch für eine schulische Ausbildung entschieden, hab dann recherchiert und die Kombination Design und Maßschneider an der Modefachschule Sigmaringen gefunden.
Was hat dir aus dem Tief geholfen, unzufrieden zu sein und sich nicht akzeptiert zu fühlen?
Ich denke es ist für künstlerische Menschen immer ein bisschen schwierig, gerade in jüngeren Jahren, weil man so einen Druck hat, dazu zu gehören. Oder bei mir war das auf jeden Fall so. Ich hatte so einen Druck, dass ich dazugehören wollte und für mich war das Erste, was mich richtig befreit hat, meine Zeit in Malawi. Einfach rauszukommen aus dem Ganzen. In Malawi habe ich mich zum ersten mal in meinem Leben so richtig akzeptiert gefühlt. Das war wahnsinnig befreiend für mich. Als ich zurück nach Deutschland kam, war ich natürlich wieder in meinem Trott drin. Gerade als ich die Ausbildung dann angefangen habe war das nicht so, dass ich super selbstbewusst war. Überhaupt nicht. Dass ich mich wohl mit mir selbst fühle, kam vielleicht so in den letzten 2 Jahren. Das ist ein ewig langer Prozess gewesen. Eine große Unterstützung ist mein Freund gewesen, der mich sehr unterstützt hat und sehr schöne Sachen gesagt hat, wenn ich an mir selbst gezweifelt habe. Diese Selbstakzeptanz kam einerseits dadurch, dass ich mich das erste mal nach meiner Gewandmeister Ausbildung selbstständig gemacht habe und mit diesem von zuhause aus arbeiten klarkommen musste. Ich hatte keine Ahnung, was das heißt. In der Ausbildung habe ich 14 Stunden an 7 Tagen die Woche gearbeitet. Freizeit existiert in meinem Vokabular nicht. Dann habe ich angefangen im Internet zu gucken, speziell auf Youtube, und mich mit Dingen wie “Work-Life-Balance”, wie man seine Ziele erreicht oder sich Ziele setzt, wie man dahin arbeitet und selbstständiges arbeitet auseinandergesetzt. Da kommt man dann automatisch auch zu dem Thema Selflove, Selfcare und so weiter. Aber ich stehe dem Ganzen auch ein bisschen kritisch gegenüber. Man mag sich ja nicht nur, weil man Selfcare den ganzen Tag macht. Ich war 5 Jahre lang in Therapie. Ich bin ein sehr großer Fan von Therapie, denn mir hat es sehr geholfen.
Es hat sich viel verändert bei mir um die 30 rum. Die Therapie hat mir geholfen, mich selbst zu verstehen und zu begreifen, wo das alles herkommt. Ich habe gelernt mich zu akzeptieren und positiver mit mir selbst umzugehen und nicht immer nur die Macken sehen, sondern auch das Schöne. Es finden viele komisch, dass ich weiß bin und keine Lidfalte habe. Als ich aufgewachsen bin, konnte ich kein Augen Make-up tragen, weil alle Schminkprodukte blöd aussahen. Das richtige Schminken habe ich durch Videos von einer Asiatischen YouTuberin auf meiner YouTube-Reise gelernt, so schminke ich mich jetzt. Ich finde es schön, mich zu schminken. Das ist kein Druck von außen. Ich trage Make-Up auch nicht jeden Tag, aber hin und wieder super gerne. Sowas stärkt auch, wenn man lernt sich zu schminken. Das waren viele kleine Aspekte, die sich entwickelt haben und in den letzten zwei Jahren habe ich wirklich begonnen, mich wohl mit mir selbst zu fühlen.
Mit Taste of Malawi möchtet ihr ja eine neue Linie rausbringen, erzähl doch mal darüber!
Am Montag kommt die neue Marke von Taste of Malawi “INO” raus. Das ist eine Kollektion für Frauen (oder Männer, die auch gerne weibliche Kleidung tragen). Wir haben die Stoffe aus Malawi genommen und sie mit Schnitten aus Deutschland kombiniert. Die Idee dahinter war, eine Kollektion zu entwickeln, die sowohl schlicht und elegant ist, als auch das man sie locker ins Büro oder eben auch auf Events tragen kann. Deswegen sind es sehr klare Schnitte, sehr geradlinige Schnitte. Die Kleider sind ein bisschen tailliert, sind aber weit geschnitten, sodass man so reinschlüpfen kann. Alle Teile sind wendbar. Wir haben eine schwarze Seite und eine aus Chitenje (die Malawische Bezeichnung für Stoffe mit African wax print), sodass man immer entscheiden kann, ob man heute mehr Farbe oder weniger tragen möchte und wenn man sich nicht so traut, Farbe zu tragen, schimmert es ein bisschen durch. Die Marke heißt INO, das ist Esperanto, die Weltsprache und bedeutet Frau. Das Konzept dahinter ist, dass wir mit der Marke INO versuchen wollen, Taste of Malawi komplett zu finanzieren. Derzeit leben wir ja nur von Spenden und das kann manchmal sehr schwierig sein. Wir machen ja auch die MYLILY Period-Bag für euch und ihr macht ja auch sehr viel Werbung für uns, aber trotzdem lebt man von Spenden und wir würden uns gerne selbst finanzieren. Das heißt, dass alle Einnahmen, die wir mit der Marke machen, in Taste of Malawi zurückfließen. Wir arbeiten alle ehrenamtlich bei Taste of Malawi. Deswegen können wir wirklich sagen, dass bei uns alle Einnahmen wieder in den malawischen Markt und zu den Frauen vor Ort zurückfließen. Wir kaufen die Stoffe lokal ein und unterstützen so den malawischen Markt. Ich habe die Kollektion mit meinem Team zusammen designt und die Schnitte entwickelt. Ein Teammitglied (Bettina) ist dann nach Malawi geflogen und hat den Frauen beigebracht die Schnitte zu nähen.
Zu finden sind unsere Designs auf “We are Ino” sowohl auf unserer Website als auch auf Instagram und Facebook.
Was nervt dich im Moment am meisten?
Die Corona Lage nervt mich extrem. Es ist schwierig für mich. Ich lebe in in einer Fernbeziehung über einen anderen Kontinent. Es ist eine Geduldsprobe für unsere Beziehung. Ich konnte seit einem Jahr jetzt nicht mehr dort hin fliegen. Für mich ist es echt schwierig, weil mir diese freie Bewegung total fehlt. Das freie Reisen ist eine wahnsinnige Leidenschaft für mich und das mache ich immer mehrmals im Jahr. Das ist total wichtig für mich.
Außerdem nervt mich, dass sich an der Situation gerade auch nichts verändert. Was ich auch schwierig finde ist, dass besonders für uns Künstler*innen eine besonders schwierige Situation ist. Alle Theater und Galerien sind zu. Auch kleinere Ausstellungen können nicht gemacht werden. Die Connection fehlt. Die Events fehlen. Es ist schwierig als Künstler*innen Fuß zu fassen in der Social Media Welt, weil es ein durchscrollen ist und die Kunst davon lebt, dass man sich ein Bild länger als 2 Sekunden anguckt.
Und dass diese Gleichstellung zwischen den Menschen, nach wie vor eine so große Debatte ist, geht mir auch wahnsinnig auf den Senkel. Wir sind alle Menschen und warum wir uns nicht alle gleich behandeln können geht nicht in meinen Kopf rein und ich kann es nicht verstehen warum das so ein Kampf ist!
Wofür brennst du?
Kunst natürlich. Zum einen Kunst zu kreieren, Kunst zu sehen, Kunst zu erleben und alles künstlerische finde ich wahnsinnig spannend. In allen Formen bewegt, gemalt, fotografiert finde ich großartig. Kunst ist meine absolute Liebe, ist meine Leidenschaft! Wofür ich brenne ist natürlich auch meine Brand HealRiseShine, es zu kreieren und wachsen zu lassen und meine Liebsten um mich herum und alle Träume und Ziele die damit verbunden sind. Dann brenne ich dafür, Frauen zu begleiten und zu helfen aus diesem gesellschaftlichen Druck rauszukommen, einfach frei zu werden und das volle Potenzial auszuschöpfen. Wie wir sind, wie wir geschaffen worden sind, wie wir uns entwickeln. Das wir einfach wir selbst sein können.
Danke für das tolle Interview liebe Anna!