September 26, 2023

Was ist Endometriose und was sind die Symptome? MYLILY Interview

by Juliane Beyerle

Endometriose ist eine chronische Erkrankung, die nur bei Frauen vorkommt. Gewebe, welches der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) sehr ähnelt, siedelt sich dabei im Unterleib an. Häufig sind Eileiter, Darm, Eierstöcke und Blase betroffen. Ganz selten kommt es auch zu einem Befall anderer Organe. Diese Gewebeherde werden von den Hormonen (insb. Östrogen) des Monatszyklus beeinflusst und wachsen bzw. bluten oft während der Periode mit. Denn das Hormon Östrogen sorgt dafür, dass sich die Gebärmutterschleimhaut aufbaut – in diesem Fall auch außerhalb der Gebärmutter. Allerdings ist diese Krankheit individuell und somit auch die Stärke der Endometriose Symptome und der Krankheitsverlauf von Frau zu Frau sehr unterschiedlich. Problematisch dabei ist, dass Frauen oft jahrelang mit starken Beschwerden herumlaufen, das Fachwissen der Gynäkolog*Innen oder Hausärzte allerdings nicht ausreicht, um eine Diagnose zu stellen und die richtige Behandlung einzuleiten. Frau ist also auch hier auf Spezialeinrichtungen angewiesen, sobald der Verdacht aufkommt. Die meisten Frauen haben bis dahin allerdings schon eine Tortur von Arztbesuchen hinter sich und werden selten ernst genommen. Und das, obwohl Endometriose eines der häufigsten Ursachen für Unfruchtbarkeit ist, da die Eierstöcke-und leiter durch das Gewebe vernarben können.

Wir haben uns heute mit Sandra zusammengesetzt, eine der vielen Frauen, die unter dieser Erkrankung leiden und ihr ein paar Fragen zu ihrem Umgang und zu ihrer langen Reise mit Endometriose gestellt. Wir freuen uns, dass du dich so offen dazu äußerst, liebe Sandra, und hoffen, dass deine Worte den Frauen da draußen Mut geben weiterzumachen. Folgender Beitrag ist die Zusammenfassung des Interviews mit Sandra. Dieser wurde nach einem Gedächtnisprotokoll des Gesprächs verfasst.

Endometriose ist oft eine schwere Diagnose, wie hast du davon erfahren und was sind deine Symptome?

"Ich bin tatsächlich Jahre lang mit extremen Krämpfen, Übelkeit, Erbrechen und Schwindel rumgelaufen und war bei vielen Gynökolog*Innen. Irgendwann hat eine der Ärzt*Innen den Begriff „Endometriose“ fallen gelassen, mit der aberwitzigen Aufforderung mich selbst darüber zu informieren. Ich habe mich also wenig bis kaum verstanden gefühlt, vor allem nicht auf menschlicher Ebene. Mir wurde oft empfohlen, spazieren zu gehen, Yoga zu machen oder mich einfach auszuruhen. Das war aber so gut wie unmöglich, da ich aufgrund der Übelkeit und dem Erbrechen nicht mal Schmerzmittel nehmen konnte, diese also auch nicht gewirkt haben. Mir ist richtig schwarz vor Augen geworden und ich war oft kurz davor umzukippen. Es lag also sicherlich nicht nur daran, dass ich mich nicht „ordentlich“ ausgeruht habe. Nach einiger Zeit habe ich angefangen an mir selbst zu zweifeln, immerhin war es ja Fachpersonal, was mich so dargestellt hat, als würde ich übertreiben.

Nach diesem besagten Termin habe ich mich also selbst informiert und mir eine Spezialklinik rausgesucht (Albertinen Krankenhaus in Hamburg). Dort wurde bestätigt, dass meine Symptome zum Krankheitsverlauf passen. Oft starten die Symptome nach dem Absetzen der Pille. Die Beschwerden werden dann häufig mit jedem Zyklus stärker. Bei mir war es ähnlich."

Endometriose behandeln: Was wurde dir von den Spezialist*Innen empfohlen?

"Mir wurde gesagt, dass man nur herausfinden kann, ob es sich wirklich um Endometriose handelt, wenn man eine Laparoskopie (Bauchspiegelung) macht. Es gibt derzeit kein anderes und sicheres Diagnoseverfahren. Bei der Laparoskopie handelt es sich um einen Eingriff unter Vollnarkose. Während des Eingriffs kann eine Endometriose-Diagnose gemacht und die Herde direkt rausgenommen werden. Dies funktioniert allerdings nur so lange die Endometrioseherde nicht zu groß sind. Ist das der Fall, muss ein zweiter Termin für einen größeren Eingriff vereinbart werden.

Ich hätte alternativ auch ohne sichere Diagnose anfangen können, die Pille durchzunehmen, damit der Zyklus und die Hormone das Wachstum der Herde nicht mehr so stark beeinflussen. Allerdings habe ich die Pille abgesetzt, weil ich mich unter dem hormonellen Einfluss wie ein anderer Mensch gefühlt habe. Ich finde es jetzt total schön die Unterschiede im Zyklus zu sehen und meine kreativen und energetischen Phasen so stark wahrzunehmen. Die Pille durchzunehmen war also keine Lösung für mich.

Ist die Diagnose gestellt, die Verbreitung der Herde sehr groß und außerdem ein Kinderwunsch vorhanden, wird in seltenen Fällen sogar empfohlen sich künstlich in die Wechseljahre versetzen zu lassen, um eine Art „Reset“ zu starten.  Danach erhöht sich die Chance Kinder zu bekommen wohl in einigen Fällen. Mir ist also schnell klar geworden, dass fast alle Methoden zur Behandlung der Endometriose hormonell sind."

Für welche Methode zur Behandlung der Endometriose hast du dich am Ende entschieden und warum?

"Ich habe mich am Ende für eine sichere Diagnose, also eine Bauchspiegelung, entschieden, dabei wurde dann auch schnell Endometriose festgestellt und die Herde entfernt. Mir war wichtig, Gewissheit über die Erkrankung zu haben. Allerdings haben sich die Symptome nicht verändert, sowas kann leider auch passieren…"

Wie oft muss die Operation wiederholt werden?

"Das ist natürlich von Fall zu Fall und Härte der Erkrankung abhängig. Generell lässt sich sagen, dass die Endometrioseherde mit jedem Zyklus weiter wachsen, bei manchen schneller bei manchen langsamer. Faustregel ist aber: Nach ca. einem halben Jahr sind die Endometriose Symptome erneut spürbar und eine zweite OP steht vor der Tür."

Welchen Umgang hast du im Alltag mit der Erkrankung gefunden, vor allem nachdem du festgestellt hast, dass die OP keinen Einfluss auf deine Endometriose Symptome hat?

"Tatsächlich gab es eine kleine Veränderung nach der OP: Ibuprofen hat endlich gewirkt. Aufgrund der Übelkeit habe ich aber oft zu Zäpfchen gegriffen. Die sind klein, leicht einzuführen und man muss nichts oral einnehmen. Außerdem habe ich mich einer Selbsthilfegruppe angeschlossen und mit homöopathischer Therapie angefangen. Leider hat mir die Behandlung nicht sehr viel gebracht, da ich durch das tägliche Einnehmen der Kügelchen und Tropfen immer wieder an die Erkrankung erinnert wurde. Bei der Selbsthilfegruppe haben viele Betroffene davon berichtet, dass Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) oder Akkupunktur helfen soll. Ich habe mich allerdings für einen anderen Weg entschieden und meine Ernährung komplett umgestellt.

Hier gibt es auch ein ganz tolles Buch „Ernährung und Endometriose“. Aus dem Buch habe ich gelernt, welche Nährstoffe und Mineralstoffe ich brauche. Bei der Endometriose handelt es sich um eine Erkrankung mit entzündlichen Folgen, aufgrund des Gewebewachstum außerhalb der Gebärmutter. Deswegen habe ich angefangen Lebensmittel zu essen, die meinen Omega 3 Haushalt ausgleichen und generell entzündungshemmend auf meinen Körper wirken. Bezüglich der Ernährung bei Endometriose empfiehlt sich beispielsweise die Einnahme von Leinöl, Beeren und der Verzicht auf entzündungsfördernde Lebensmittel wie Weißmehl und Zucker. Ich ernähre mich außerdem seit der Endometriose Diagnose fast ausschließlich vegan, verzichte also auf tierische Produkte. Auch das wird ausdrücklich empfohlen."

Wie gehst du mit dem Thema “unerfüllter Kinderwunsch” um?

"Die Frage an sich beschäftigt mich sehr, weil ich einfach nicht weiß, ob die Endometriose irgendwann dafür verantwortlich sein wird, dass ich keine Kinder bekommen kann – das ist aber ein großer Wunsch von mir! Erst wenn ich Kinder bekommen will, werde ich merken, ob dabei Probleme entstehen. Zum Glück gibt es heutzutage viele Methoden, die einem dabei helfen. Dennoch fühlt man sich oft ganz schön alleine mit dieser Frage. Ob dann Hormontherapien für mich eine Alternative darstellen werden, werde ich wohl erst entscheiden, wenn es soweit ist. Generell ist es aber schön, eine(n) Partner*In an der Seite zu haben, der/die viel Verständnis und Mitgefühl hat."

Hast du zum Schluss noch ein paar Tipps für die Community?

"Mir hilft die Kommunikation mit Freund*Innen in meinem Umfeld sehr! Ich habe das Glück, eine sehr offene Freundesgruppe zu haben und daher auch darüber sprechen zu können und auf viel Verständnis zu stoßen. Das kann auch anders aussehen, da das Thema Endometriose immer noch sehr schambehaftet ist. Ich empfehle aber jeder Frau, sich über die Grenzen hinaus selbst zu informieren, Selbsthilfegruppen beizutreten und alternative Heilmethoden auszuprobieren. Außerdem ist diese Erkrankung Grund genug sich Hilfe von Außen zu holen und mit einer Therapeut*In darüber zu sprechen. Da die Ernährung bei Endometriose einen großen Unterschied machen kann war das Umstellen dieser für mich aber bis jetzt die vielversprechendste Methode. Ich habe seit dem kaum mehr Beschwerden und man tut der Umwelt auch noch etwas Gutes!!"